Im Gespräch mit Claus Cremer
An einem grauen Freitagnachmittag traf ich mich mit dem Landesvorsitzenden der NPD in NRW, Claus Cremer, im hoffnungslos überfremdeten Essen zum Gespräch über sein politisches Leben im Nationalen Widerstand.
Das großartige Vorstellen können wir uns ja bei Dir sparen. Wann wurdest Du geboren?
Ich bin Baujahr 1979.
Aufgewachsen in Bochum?
Wattenscheid!!
Da legst Du Wert drauf?
Ja, allerdings. Ich bin Wattenscheider und kein Bochumer.
Was hat es mit der Thematik Bochum/Wattenscheid auf sich? Anscheinend legen viele Wert auf die Unabhängigkeit von Wattenscheid.
Es gab hier 1975 eine große Gebietsreform, wodurch kleine Städte eingemeindet werden sollten. Was Wattenscheid angeht, so war der Gedanke dahinter, dass das finanziell gut aufgestellte Wattenscheid, das wiederum schwer überschuldete Bochum „sanieren“ sollte. Aber schon damals war man der Meinung, man könnte alles und jeden gleichmachen. Ähnlich wie das heute der Fall ist. Doch bis heute sehen sich viele Wattenscheider eben nach wie vor NICHT als Bochumer.
Also fing die Globalisierung damals schon im Kleinen an.
Ja, so kann man das sagen.
Hattest Du damals zu Beginn Deiner politischen Laufbahn schon das Thema z. B. in Wahlkämpfen aufgegriffen?
Es gab eine von Nationalisten produzierte Zeitung namens „Freiheit Wattenscheid“. Da war ich zwar nicht dran beteiligt, aber wir hatten damals schon das Thema mit in die politische Arbeit einfließen lassen. Ich halte Lokalpatriotismus für sehr wichtig. Denn wann man schon im Kleinen nicht stolz auf seine Herkunft sein kann, wie soll man dann erst eine Treue zur Nation empfinden. Es soll ja heutzutage alles gleichgemacht werden und da wird auch vor kleinen Städten mit ihren alten Traditionen nicht Halt gemacht.
Baujahr 1979. Das heißt, Du warst Anfang der 90er so 13, 14 Jahre alt. Wie kamst Du denn zum Nationalen Widerstand, bzw., zur NPD?
Politisch interessiert war ich schon im recht frühen Alter. Und ich habe schon früh damit begonnen, wenn ich Ungerechtigkeiten empfunden habe, dagegen auch meine Stimme zu erheben. Mein Vorteil damals war, dass es zum einen hier in Wattenscheid die Landesgeschäftsstelle der NPD gab und zum anderen gab es hier schon mehrere lose Strukturen an Kameraden. Hinzu kam, dass es in Wattenscheid schon immer recht hohe Wahlergebnisse für Nationale Parteien im Vergleich zum Rest von Bochum gab.
Deutlich höhere?
Im direkten Vergleich ja. Ich muss aber auch sagen, dass ich nicht direkt zur NPD kam. Ich habe mir damals von allen Parteien die Programme schicken lassen…
Von allen?
Ja, wirklich von allen. Zuerst war ich ja ein eher konservativer Mensch und habe mich mit der Zeit dann zum Nationalisten entwickelt. Da lag es natürlich später auf der Hand das mein Weg mich zur NPD führte, da deren Programm mir am meisten zugesagt hatte.
Wie war denn Dein Elternhaus politisch eingestellt und wie standen sie zu Deiner politischen Auffassung?
Meine Eltern waren eher so die klassischen CDU-Wähler. Großartige Probleme, so wie manch andere, hatte ich bezüglich meiner Einstellung zuhause nicht gehabt. Mein Vater sagte nur immer zu mir, dass, wenn ich was mache, dann muss ich das auch begründen können. Ich muss aber auch dazu sagen, dass ich nicht sofort Mitglied der Partei wurde. Am Anfang, du kennst das selber, da war man eher noch in losen Skinheadgruppen unterwegs.
Also zu Beginn noch klassisch mit Glatze und Bomberjacke unterwegs?
Tatsächlich, JA!
Vollglatze?
Ja gut, keine Vollglatze. Aber schon sehr kurz rasiert mit Bomberjacke und allem was dazu gehört. Allerdings merkte ich sehr schnell, dass das nichts für mich war.
Warum?
Ich wollte was verändern. Und wenn ich die ganze Zeit mit Bomberjacke und Stiefeln rumlaufe, dann schreckt das die Leute, die ich ja erreichen will, eher ab. Man muss positiv wirken und nicht einfach nur provozieren. Wenn ich nur rumlaufe wie der letzte Bürgerschreck, dann erreiche ich überhaupt nichts.
Und wie kamst Du dann zur NPD?
Nun, die damalige Landesgeschäftsstelle war ja in Wattenscheid, also bin ich dahin, hab da angeklingelt und mich vorgestellt. Dort traf ich dann zum einen diejenigen Kameraden die auch in meinem Alter waren, als auch ältere Kameraden der Erlebnisgeneration, mit denen ich dann auch ins Gespräch kam.
Aber damals waren dort wesentlich mehr Kameraden täglich anwesend, als das heute der Fall ist, oder?
Allerdings. Nur du darfst nicht vergessen, dass es damals kein Internet und keine sozialen Medien gab. Da wurde sich noch getroffen. Man war viel mehr miteinander im Kontakt als das heute der Fall ist. Seine Freizeit verbrachte man eben nicht vor dem Handy auf Facebook, sondern in der Parteizentrale bei den Kameraden. Man hat gegrillt, Aktionen geplant und durchgeführt und allgemein war das Kameradschaftsgefühl viel größer.
Du warst ja damals zuerst bei der JN. Hattet ihr freie Hand bei euren Aktionen, oder haben die Parteifunktionäre euch zurückgehalten?
Also als junger Aktivist bist du ja wesentlich rebellischer als die älteren Kameraden. Wir hatten zwar weitestgehend freie Hand bei unseren Aktionen, aber wenn etwas schon zu Beginn schwachsinnig, oder zum scheitern verurteilt war, dann sind die Älteren auch mal dazwischen gegangen.
Es wird ja immer von den Medien behauptet, man hätte als Nationalist ja gar keine „normalen“ Freunde mehr und man würde sich automatisch abschotten. Stimmt das? Wie war das bei Dir?
Ich hatte auch noch einige Freunde die nicht politisch waren. Aber den Großteil seiner Zeit verbringt man natürlich mit den Leuten, die die gleiche Weltanschauung haben und vertreten. Nur das ist ja woanders genauso. Jeder Fanclub von Schalke oder Dortmund verbringt ja seine Zeit auch nur weitestgehend untereinander. Aber ganz abgeschottet habe ich mich nie.
Probleme in der Schule gehabt?
Nein, eigentlich nicht. Obwohl ich da natürlich auch ab und an provoziert habe. Zum Beispiel bin ich während der Rudolf H.. Aktionswochen mit Scheitel und Braunhemd in die Schule gegangen. Die Blicke waren natürlich unbezahlbar. Hatte aber auch den Vorteil, dass ich relativ schnell bekannt wurde und diejenigen, die sich für den Nationalen Widerstand interessierten dann auch wussten, an wen sie sich wenden mussten um in Kontakt mit der NPD zu kommen.
Am Anfang also noch bei der JN. Wie kam es denn dann dazu, dass Du letztendlich zumNPD- Landesvorsitzenden aufgestiegen bist?
Ja gut, ich sag mal so: Wenn man vorwärts kommen will, dann muss man sich auch einbringen und Einsatz zeigen. Wenn ich nur zahlendes Mitglied bin, dann kann ich nicht erwarten, dass ich mich einfach zur Wahl stellen kann, um zu erwarten zum Parteivorsitzenden gewählt zu werden.
Also bist Du durch Fleiß und Einsatz soweit gekommen?
Ja, so kann man das sagen. Erst wird man zum Beisitzer gewählt und wenn die älteren Kameraden sehen das man sich weiter einbringt für die Sache, dann kann man es auch noch weiter schaffen. Aber das erwarte ich auch von anderen. Wenn du eine Führungsposition haben willst, dann musst du was leisten. Ich würde auch nie jemanden wählen, den ich noch nie bei einer Aktion gesehen habe.
Zu Deiner damaligen Zeit war ja Udo Voigt der Parteivorsitzende. Unter ihm hatte die Partei ja einen richtigen Aufschwung erlebt. Das ging vor allem darauf zurück, weil sich Voigt für eine Zusammenarbeit mit den freien Kameradschaften aussprach. Wie hattest Du dazu gestanden?
Ich hatte diesen Weg damals voll und ganz unterstützt, nicht zuletzt deshalb, weil ich ein totaler Gegner der Zersplitterung war. Es gab nur, wie du schon richtig gesagt hast, die NPD, die freien Kräfte und den Kampf gegen das System. Also hat man sich zusammengesetzt und geschaut was man gemeinsam erreichen kann. Und das hatte ja auch sehr gut funktioniert.
Der Höhepunkt dieser Zusammenarbeit waren ja dann die Einzüge in die Landesparlamente von MV und Sachsen. Glaubst Du, dass für diesen Erfolg damals der Grundstein bei der Großdemonstration gegen die Wehrmachtsaustellung 1997 in München mit 7000 Teilnehmern gelegt wurde?
Da kann man so sagen. Rückblickend war das Fanal von München, so wie es genannt wurde, durchaus sowas wie die Grundsteinlegung von dem was danach kam an Erfolgen, obwohl damit niemand gerechnet hatte. Dadurch das ich damals Mitglied der JN war, habe ich so einiges bei den Planungen mitgekriegt und daher weiß ich, dass eigentlich niemand mit so einem Erfolg im Vorfeld gerechnet hatte. Als dann der Tag der Demo kam, fuhren auf einmal reihenweise Busse vollgepackt mit Kameraden in die Stadt. Das war schon beeindruckend. Die Polizei hatte damit auch nicht gerechnet und war vollkommen überfordert. Die Straßen waren in Schwarz-Weiss-Rot getränkt und die Bilder gingen um die Welt. Das konnte vorher keiner ahnen.
Kann man also sagen, dass es sich damals um eine wirklich einheitliche Front aller Patrioten/Nationalisten gehandelt hatte, die gemeinsam für unsere Vorfahren auf die Straße gingen?
Ja, das kann man so sagen. Es war wirklich alles vertreten an patriotischen Kräften in der Bundesrepublik.
Auch Republikaner?
Die Reps habe ich an diesem Tag zwar nicht in München gesehen, aber die haben damals auch gegen diese Schandausstellung Flagge gezeigt. Sogar die CSU war dagegen.
Die CSU??
Ja gut. Natürlich nicht auf unserer Demo. Aber zumindest haben die sich öffentlich von dieser Hetze distanziert. Also wenn diese Ausstellung eines geschafft hatte, dann war das die Tatsache, dass sie wirklich ein ganzes Volk gegen sich aufgebracht haben. Denn jeder hatte ja damals ehemalige Angehörige der Wehrmacht in seiner Familie.
Konnte der Marsch denn bis zum Ende durchgeführt werden?
Es wurde marschiert, aber nicht bis zum geplanten Ende. Das lag aber auch daran, weil die Polizei mit den Menschenmassen absolut überfordert und mit viel zu wenig Beamten vor Ort war
Danach gab es ja noch weitere Großdemonstrationen. Dresden, Passau, Leipzig.
Stimmt. Es herrschte wirklich eine Aufbruchstimmung und das rechte Lager war auch wesentlich geschlossener als das heute der Fall ist. Passau war auch ein hartes Brot. 11 Stunden hingefahren, dann 8 Stunden in der Halle verbracht und anschließend wieder 11 Stunden zurück. Also danach war man erstmal platt. Der Witz ist ja auch, dass man später die alte Nibelungenhalle abgerissen hatte. Einzig und allein aus dem Grund heraus, weil wir dort unsere großen Kundgebungen abhielten. Total lächerlich.
Anfang der 2000er gab es ja dann den „Deutschlandpakt“. Also ein Zusammenschluss zwischen NPD, DVU und freien Kräften. Die Vereinigung von NPD und freien Kräften war natürlich sinnvoll. Aber hatte man die DVU denn wirklich gebraucht?
Ehrlich gesagt: NEIN. Es war zwar wichtig, dass man eine Partei schlucken konnte, um dann selber als einzige Partei auf dem Stimmzettel zu stehen, aber von den Leuten her, die die DVU vorweisen konnte, war das ein absoluter Totalausfall. Und vom Aktionismus her war bei denen ja auch nichts zu holen. Also es ging wirklich nur darum diese Partei quasi wegzubekommen.
Nach den ganzen Großdemos mit tausenden Teilnehmern war jedoch irgendwann Ende. Es wurden immer weniger Teilnehmer und später auch immer weniger Demos. Hat sich der Nationale Widerstand kaputtdemonstriert?
Genau das. Es wurde einfach zu viel. Später wollte ja jede 10-Mann Kameradschaft eine Demo durchführen, ohne wirklich über ein sinnvolles Thema nachzudenken. Über einen gewissen Zeitraum hinweg waren es ja teilweise mehrere Demos an einem Wochenende, so das man gar nicht mehr wusste, WO man denn nun hinfahren soll. Die Leute hatten dann irgendwann keine Lust mehr. Man hätte sich von Anfang an einfach auf ein paar Großdemos pro Jahr einigen sollen, wie Dresden, 1. Mai, Wunsiedel oder Leipzig, anstatt überall im Land mit 80 Leuten einmal um den Kreis zu laufen.
Fortsetzung folgt…
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